20.04.2025
Ich mag nicht mehr.
Die neue Geburtsurkunde ist angekommen, übersetzt und abgegeben. Das neue Datum für die Einreise nach Russland ist der 24.04.2025.
Jetzt beschäftigen uns aber ganz andere Probleme. Das Auto ist kaputt.
Seit ein paar Wochen macht die Kupplung Probleme, in unserer Wartezeit auf das Visum wird es immer schlimmer. Wir möchten die Zeit nutzen, um das Problem zu beheben. Der FIAT-Händler in Tiflis sagt, die Ersatzkupplung hat drei Monate Lieferzeit. Online finden wir die Teile schneller. Statt nach den versprochenen zwei Tagen kommt das Paket nach 6 Tagen in Tiflis an. Nicht auf Kurko Woods, denn diese Adresse existiert angeblich nicht. Es wird in die DHL-Zentrale in Tiflis geliefert. Um es abholen zu können müssen wir Einfuhrsteuer bezahlen. Dafür müssen wir von der DHL-Zentrale zum Steuer Service Büro fahren. Dort soll Philip eine Steuernummer bekommen. Bekommt man aber nur mit Pass und der liegt beim russischen Konsul. Nach etwas überreden wird das Foto vom Reisepass akzeptiert.
Mit der Steuernummer geht’s zum Warenhaus von DHL, dort bekommen wir jetzt die Rechnung, die nur per Überweisung beglichen werden kann. Eine IBAN oder ähnlich nötige Daten, die unsere deutsche Bank braucht, kann man uns nicht geben. Wir gehen zu einer Georgischen Bank. Überweisen können die auch nur von einem georgischen Bankkonto. Okay, wir wollen eines eröffnen. Das geht nur mit Reisepass… so langsam verstehen wir, warum die meisten Langzeitreisenden zwei Reisepässe besitzen.
Wir telefonieren mit Giorgi und er bezahlt die 20 Lari (ca. 6€) Servicegebühr von seinem Bankkonto. Mit einer Bestätigung seiner Bank geht’s zurück zum Steuer Service Büro, wo wir dann endlich die eigentliche Steuer bezahlen können, von da dann wieder zum DHL-Warenhaus und endlich, nach 2 Tagen Odyssee durch Tiflis, haben wir unsere Ersatzteile.
Jetzt heißt es eine Werkstatt finden, die diese auch einbaut. Dafür sind wir weitere 2 Tage quer durch Tiflis unterwegs und klappern 7 verschiedene Werkstätten ab. Die meisten haben keine Hebebühne für das Gewicht unseres Autos, oder keine Halle für die Höhe des Womos. Die 5. Sagt sie kann es machen. Nachdem Lucas über der Grube steht und der Unterboden abgenommen ist, entscheiden sie sich um. Sie können es doch nicht.
Die 7. sagt Samstags Abends „Kommt am Montag wieder“. Klingt doch gut.
Den Sonntag nutzen wir für einen intensiven Ausflug nach Kakheti, machen ein Weintasting bei Vakho (so viel habe ich schon lang nicht mehr getrunken…) und schauen die Orte Telavi und Sighnaghi an. Am Montag stehen wir pünktlich vor unserer Werkstatt Nr. 7 – Tegeta Motors.
„Was? Mitgebrachte Ersatzteile? Sowas bauen wir hier nicht ein!“ Das klang am Samstag noch anders. Wir werden weggeschickt. Mehrfach versucht Philip den Meister, dessen Telefonnummer er am Samstag bekommen hat anzurufen, er wird weggedrückt. Schließlich bombardieren wir den Mann verzweifelt mit Whats App Nachrichten und schaffen es, ihn bis zum Abend dazu zu überreden, die Teile doch einzubauen.
Dienstagmorgen, im strömenden Regen stehen wir wieder vor Tegeta Motors und dürfen endlich unser Auto auf die Hebebühne fahren.
Während der Wartezeit können wir die neuen Dokumente vom Übersetzungsbüro zur Visumszentrum bringen und trinken Kaffee im Kvarts Coffee. Was sonst soll man bei so viel Regen machen?
Über Glücklich und stolz, dass wir die Reparatur geschafft haben und auch unser Visums Problem sich dem Ende zuneigt, fahren wir in Richtung Flughafen. Morgen früh wird mein Papa aus der Schweiz ankommen, um uns wenigstens für 4 Tage über Ostern zu sehen.
Wir fahren ca. 10 km von der Werkstatt entfernt auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums, es geht über eine Bodenwelle und tut einen lauten Schlag. „Ich kann die Kupplung nicht mehr betätigen!“ sagt Philip. Das kann doch nicht wahr sein!
Meinen Papa hole ich also am nächsten Morgen per Taxi ab. Für Lucas brauchen wir einen Abschlepper. So stelle ich fest, dass wir keine Versicherung fürs Abschleppen außerhalb Europas haben. Philip sagt, sowas gibt’s auch gar nicht, das kann ich nicht glauben und wir landen mitten in der Nacht in einem der größten Streite, die wir je hatten. Ich schaue nach Flügen zurück nach München, aber ich habe ja keinen Reisepass. Hätte ich ihn, wäre ich am nächsten Tag heimgeflogen!
Tatsächlich finden wir doch eine Versicherung für solche Fälle! Wir schließen sie noch in der Nacht ab, somit greift sie am nächsten Morgen, als wir den Abschlepper rufen.
Mit meinem Papa und der Löwin fahre ich in die Innenstadt, um den Tag wenigstens etwas zu nutzen, Philip und der Panda fahren mit dem Abschlepper zu Tegeta.
Kurz darauf ruft Philip schon an: „Das Auto ist wieder heile!“ Puh, es war wohl nur eine Einstellschraube, die sich gelöst hat, sollte das mal wieder vorkommen, können wir das sogar selbst lösen.
Erleichtert schmieden wir Pläne für die Zeit mit meinem Papa. Wir wollen mit ihm zu Vakho zum Weintasting fahren. Auf den Schreck brauchen wir alle Wein.
Am nächsten Morgen schaffen wir ca. 30 km in Richtung Georgiens Weingegend, bevor wir ein pfeifendes Geräusch hören, anhalten und feststellen, dass die beiden vorderen Bremsen heiß sind. Wir drehen um und stehen wieder auf der Hebebühne von Tegeta Motors. Es kann doch nicht wahr sein!
Sie sagen, sie haben keine neuen Bremsen für unser Auto, finden dann aber neue Bremsklötze und bauen sie ein. Damit machen wir uns auf die Suche nach neuen Bremsscheiben in Tiflis. Bei FIAT haben wir Glück, sie haben genau zwei passende da.
Jetzt aber schnell, es ist bereits 19:30 und morgen ist Karfreitag! Mein Papa hat schon aufgegeben, doch da sieht Philip in einer Werkstatt am Straßenrand noch Licht. Wir halten an, zeigen dem Mann unsere Bremsscheiben und tatsächlich – er nickt und macht sich sofort ans Werk! Unglaublich!
Mal wieder total erleichtert und dankbar fahren wir 2 Stunden später vom Hof der Werkstatt. Wir beschließen zu Giorgi nach Kurko Woods zu fahren, für eine Tour in die Weingegend Georgiens bleibt vor dem Rückflug meines Dads nicht genug Zeit. Bei Giorgi angekommen sind unsere Bremsen wieder heiß.
Ich könnte heulen.
Und ich will einfach nicht mehr.
Warum machen wir das alles hier?
Warum bin ich nicht einfach zu Hause, gehe arbeiten, wie andere normale Leute und schicke meine Kinder in die Schule?
Ganz ehrlich – ich weiß die Antwort darauf nicht mehr.
Schon müssen wir meinen Papa wieder zum Flughafen bringen. Die Zeit mit ihm war viel zu kurz!
Sobald er durch die Sicherheitskontrolle geschritten ist, machen wir uns schon wieder auf die Suche nach einer Werkstatt. Die Bremssättel müssen gängig gemacht werden. Neue werden wir nicht rechtzeitig vor unserer Fahrt durch Russland bekommen.
Im Werkstattviertel von Tiflis, dem Eliava Market, werden wir tatsächlich fündig. Nach mehrmaligem Fragen werden wir zu einer winzigen Werkstatt geschickt. Dort arbeitet wohl DER Spezialist fürs Bremssättel-gängig-machen! Am Nachmittag hat er Zeit für uns. Wir parken Lucas vor seiner Garage und mit wenig Werkzeug aber umso mehr Hingabe macht er sich ans Werk. 2 Stunden später sind wir auf der Straße und das, kurz nachdem wir unser Visum für Russland im Visumszentrum abholen konnten!
Wahnsinn. Wir wollten schon aufgeben und plötzlich passt wieder alles zusammen. Auf geht’s nach Stepansminda, wo wir Georgien nach knapp drei Monaten verlassen werden und das Abenteuer Russland startet. Ich hätte es nicht gedacht, doch auch wenn ich froh bin, dass unsere Reise endlich weiter geht, vermisse ich Georgien doch!