29.03.204
Schon vor einigen Wochen im Camp Itara haben wir erfahren, dass unser ursprünglicher Plan, von Aserbaidschan aus eine Fähre über das Kaspische Meer zu nehmen, nicht aufgeht. Die Grenze nach Aserbaidschan ist für den Privaten Verkehr auf dem Landweg gesperrt.
Damals haben wir nicht zu genau darüber nachgedacht, was das für uns bedeutet, mal sehen… wird sich schon finden.
Wir recherchieren die Alternativen: durch den Iran, oder 3 Tage Transit durch Russland. Finden wir beides nicht toll. Am 01. April soll es in Aserbaidschan eine neue Entscheidung zu der Grenzsituation geben. „So lange wollen wir aber nicht in Georgien bleiben!“ sage ich.
Heute ist der 1. April nur noch 2 Tage entfernt. Wir sind noch immer in Georgien und warten auf unser Transit Visum für Russland.
Es war eine Odyssee zu der Entscheidung. Der Iran wurde uns durchaus empfohlen, auch wenn ich mich nicht wirklich damit anfreunden kann, ein Kopftuch tragen zu müssen, fände ich es spannend diese Route zu wählen. Doch die Route würde im Anschluss entweder durch Afghanistan führen, was für uns nicht in Frage kommt, oder durch Turkmenistan. Hier ist es laut Berichten anderer Reisenden ziemlich schwierig ein Visum zu bekommen. Außerdem ist die Strecke durch den Iran weit, und für unser Womo Lucas bräuchten wir ein kostspieliges Carnet de Passage.
Philip hofft noch immer auf eine Grenzöffnung Aserbaidschans, doch es wird immer klarer, dass die Änderung der Grenzreglung vermutlich nur den Bahnverkehr wieder zulassen wird.
Also Russland. 3 Tage, ca. 950 km auf einer festgelegten Route. Lust haben wir darauf nicht. Einfach ist es auch nicht, stellen wir schon beim ersten Besuch des Visa Zentrums in Tiflis fest.
Die Originalen Geburtsurkunden der Kinder werden gebraucht. Genau die haben wir natürlich nicht dabei. Ich will das ganze schon wieder aufgeben, aber wir rufen dann doch die Oma an und bitten sie, die Urkunden zu schicken.
Macht sie nicht – sie kommt und bringt sie persönlich vorbei!
Wir freuen uns riesig, ganz besonders die Löwin, denn Oma Paula wird über ihren Geburtstag dableiben.
Paula kommt nach Kutaisi, dort holen wir sie am Flughafen ab und erleben Kutaisi dieses Mal im Sommer, in kurzen Hosen und Sandalen erkunden wir die Stadt ein weiters Mal mit Oma und Kutaisi überzeugt uns ein auch jetzt.
Als nächstes nehmen wir Paula mit zu unserem Workaway Gastgeber der letzten 3 Wochen: Den Pferdehof Kurko Woods in Duscheti.
Zwei liebgewonnene Mit-Workawayer verabschieden sich und wir feiern gemeinsam ein Abschiedsfest.
Nachdem wir unsere Solarzellen wieder auf unser Dach gebaut haben (die haben wir unter einem Kastanienbaum großzügig abrasiert), machen wir uns auf den Weg nach Tiflis, ins Visa Zentrum. Wir treffen Kasia und Michael, die wir in Kappadokien kennen gelernt haben und dazu eine Schweizer Familie mit zwei Mädels! Das größte für die Kinder! Während Kasia und Michael unsere Dokumente netterweise mit zum Übersetzungsbüro nehmen, spielen die Kinder einen ganzen Tag lang ununterbrochen, und ungetrübt vom dauerhaften Regen.
Als alles in Gang gesetzt ist und Paula Tiflis zu mindestens kurz mal bei Regen gesehen hat, fahren wir zurück zu unserer Pferdefarm und feiern den Geburtstag der Löwin. Und was für einen Geburtstag! Einen richtigen Kindergeburtstag!
Die Family aus der Schweiz und auch Kasia und Michael kommen extra nach Duscheti gereist! Mit den beiden Kids unseres Gastgebers sind 6 Kinder da! Unsere Löwin bekommt, zusätzlich zu der Eistorte von mir, eine echte gekaufte Torte geschenkt – für sie schon lange ein Wunsch.
Dann pendeln wir wieder nach Tiflis, wieder ins Visazentrum, mit unseren übersetzten Dokumenten. Diesmal kann Paula Tiflis von seiner besten Seite im Sonnenschein kennlernen.
Zu bald muss Paula wieder zurück nach Kutaisi für ihren Rückflug. Wir machen einen Zwischenstopp bei heißen Schwefelquellen, treffen wieder auf eine Familie mit Kindern, was für ein Glück, und schon heißt es leider Abschied nehmen von Oma Paula.
Wieder fühlt sich Womo Lucas zu groß an, wieder stürzt uns die Änderung in ein kleines (oder größeres) Reisefamiliendrama. Diese Umstellungen fallen uns (oder mir??) jedes Mal wieder unerwartet schwer.
So langsam haben wir Heimweh, die Löwin und ich besonders. Die Löwin sehnt sich nach mehr Platz, einem richtigen eigenen Zimmer, einer Spülmaschine (sie muss gerade abspülen…). Ich sehne mich nach großem Familienfrühstück bei meiner Mama, anschließend gemeinsam einen Pferdespaziergang machen, gemeinsames wildes Kaffeetrinken mit den Familien von Philips Bruder; wenn alle da sind, wuseln 7 Kinder am Kaffeetisch – brauche ich nicht jeden Tag, aber einmal die Woche ist das toll!
Ich werde nicht warm mit Georgien, und dass, obwohl wir nun schon so lange hier sind. Die Menschen sind kühler als in der Türkei alltägliche Interaktionen fühlen sich schwieriger und unfreundlicher an. Selten begegnet man beim Einkaufen einem Lächeln. „Deutscher.“ sagt Philip. Wahrscheinlich hat er recht.
Die Straßen sind wild, die Nächte unruhig, die Landschaft braun und rau, auch, wenn jetzt endlich die Bäume etwas grün werden. Oft treffen wir betrunkene, unberechenbare Männer, werden auf der Straße gefährlich überholt, geraten zwischen Autoposer, die unkontrolliert driftend und rasend ihre Autos vergleichen. Auch mit der Polizei haben wir eine unangenehme Begegnung: Eine Straße ist wohl gesperrt, wir dürfen nicht weiterfahren. Das wird aber nicht durch ein Schild oder ähnliches angezeigt, sondern wir werden von zwei Polizeiautos wild angehupt, durch Megafone auf Georgisch angeschrien. Als wir anhalten und verzweifelt zu versuchen zu kommunizieren, gehen die Polizisten darauf nicht ein und rufen nur „Go away!!“
Fühlt sich alles nicht so gut an, und das wo wir doch mit so hohen Erwartungen und so vielen positiven Erzählungen von Freunden nach Georgien gekommen sind.
Ganz anders ist da glücklicherweise unsere Workaway Erfahrung. Es hat wieder länger gebraucht, bis wir uns eingelebt haben, doch dann erleben wir unseren Gastgeber Giorgi als herzlich und überaus interessant, verbringen gesellige Abende mit spannenden Gesprächen und Einblicken in Georgiens Kultur. Glücklicherweise haben wir diese Erfahrung gemacht so kann ich das ein oder andere Erlebnis in ein anderes Licht rücken.
Jetzt scheint die Sonne ins Wohnmobil, die Vögel zwitschern und der Spielplatz, neben dem wir Wasserauffüllen wird von blühenden Magnolien eingerahmt.
Georgien ist sicherlich eine Reise wert, es hat viele interessante Orte, leckeres Essen und durchaus eine spannende Kultur zu bieten, doch wahrscheinlich ist es besser einen Guide dabei zu haben, der die ein oder andere Situation vermeiden, oder in ein anderes Licht rücken kann.
Update 07.04.2024
Heut kam die Nachricht: Wir bekommen das Visum für Russland nicht.
Man glaubt uns nicht, dass der Panda unser Kind ist. Er wurde vor unserer Hochzeit geboren. Daher bekam er bei Geburt meinen Nachnamen. Mit unserer Hochzeit hat er unseren neuen Familiennamen angenommen. In seiner Geburtsurkunde steht also ein anderer Name als in seinem Pass. Heiratsurkunden, Übersetzungen aller Geburtsurkunden, nichts reicht Russland, um uns zu glauben, dass der Panda nicht entführt wurde.
Wir bekommen kein Visum. Endstation Georgien.
Was machen wir jetzt?
Einfache Lösung – Party mit Giorgis Freunden, jede Menge Georgischen Wein, ein Feuer im Kamin und internationale Musik! Während ich schreibe, dröhnt ein selbst gebasteltes Didgeridoo, schlagen Trommeln, eine Geige erklingt, aus dem Klavier wird alles herausgeholt und auch eine Gitarre und eine türkische Balagma sind mit von der Partie!
Na, dann bleiben wir eben einfach hier.
Ganz so schnell geben wir dann doch nicht auf. Wir telefonieren nach Deutschland, im Standesamt kann man eine neue Geburtsurkunde mit dem neuen Nachnamen ausstellen lassen. Mal sehen, wie lange es dauert, bis diese bei uns ankommt und wie unsere Odyssee rund um das russische Visa weitergeht.