24.12.2024
Fazit nach den ersten drei Wochen Weltreise – ist das nun was für uns?
Ich kann es noch nicht sagen, aktuell möchte ich jeden zweiten Tag am liebsten umdrehen und heimfahren. Und dass, obwohl (oder gerade, weil?) sich das, was wir gerade machen, so gar nicht nach Weltreise anfühlt. Wir bereisen die Adria, so wie ein Großteil der deutschen Familien es jeden Sommer tun.
Unser erster Stopp nach der Schweiz stand schon fest, ich wollte nach Liechtenstein. Mein Papa meinte, da kann man nicht viel mehr machen, außer kurz nen Kaffee trinken. Lohnt sich bestimmt nicht. Da hat sich sofort mein Dickkopf eingestellt – jetzt erst recht, da muss doch mehr gehen, in Liechtenstein?!
Und so ist es! Liechtenstein hat wunderschöne Berge und ein tip top ausgebautes Netz aus Wanderwegen. Wir haben in Balzers gehalten, hier haben wir einen super Parkplatz unterhalb der Burg Gutenberg für die Nacht gefunden. Über Komoot sind wir auf eine Gradwanderung auf dem Ellhorn aufmerksam geworden und waren dank dem guten Wetter hoch motiviert dort hochzuklettern. Ein wenig Geklettere war es auch tatsächlich, der Weg war zwar gut ausgeschildert, aber ganz oben hat Philip doch ständig Sorge gehabt, dass die Kinder abstürzen, wenn sie nicht aufmerksam sind. Das waren sie aber.
Nach Liechtenstein wussten wir nicht so recht weiter. Philip wollte über Österreich fahren, ich lieber über Italien. Am Abend haben wir uns über die Mautregelungen in beiden Ländern informiert, mit einem Wohnmobil mit mehr als 3,5 Tonnen sind diese etwas komplexer. Österreich hat gerade eine Änderung der Mautgebühren erlassen, diese macht es für größere Wohnmobile deutlich unattraktiver durch Österreich zu fahren. Man braucht eine kostspielige GoBox zur Berechnung der Streckenmaut. So fiel die Wahl dann doch auf Italien.
Wir machen uns also auf den Weg durch den San Bernardino Tunnel in Richtung Lugano. Wir sind erst spät losgekommen. Ich hatte einen Parkplatz oben am Berg rausgesucht, Philip ist an der Abfahrt vorbeigefahren. Ich habe den nächsten Parkplatz rausgesucht, er lag in einer Kurve, in der Philip mit unserem großen Lucas nicht abbiegen konnte. Nächster Parkplatz: die Straße ist so eng, dass wir mit Lucas nicht hinfahren können. So langsam geht mir die Geduld aus. Ich bin müde und finde das alles doof. Lass halt umdrehen, München ist noch nicht mal weit!
Philip dreht aber nicht um und so finden wir einen Parkplatz hinter Lugano. Nicht besonders toll, aber wir dürfen dort stehen und nach ein wenig Schlaf sieht die Welt(reise) schon wieder besser aus.
Wir belohnen uns für den Stress des Vorabends mit Croissants zum Frühstück. Das war ein Fehler. Die Kinder sind während der weiteren Fahrt unausstehlich, unausgeglichen, unausgelastet. Ein einziges Gezanke im hinteren Teil des Womos. Wir hatten besprochen, dass während der Fahrt Schulaufgaben gemacht werden sollen. Das funktioniert überhaupt nicht. Der Panda kann die einfachsten Aufgaben nicht mehr rechnen und ärgert die Löwin aus Langeweile. Philip versucht ihm die Aufgaben zu erklären, doch er versteht Garnichts. Frustrierter Panda, verzweifelter Philip, ich flippe aus. Am Ende schreien wir uns alle an…
Ich verhänge ein Lernverbot. Schule und lernen ist ab sofort für die Kinder verboten.
Wir entdecken Venedig auf den Straßenschildern – an Venedig kann man doch nicht vorbeifahren! Ich muss zugeben, ich bin ein absoluter Venedig Fan seit ich mit 13 Jahren „Der Herr der Diebe“ gelesen habe.
Es gibt einen Stellplatz für Wohnmobile am Beginn der Brücke nach Venedig. Hier können wir Lucas sicher abstellen. 24h für 18€ inkl. Toilette und Dusche, das ist günstig!
Mit dem Bus fahren wir ca. 10 Minuten nach Venedig zum Piazzale Roma und beginnen von dort unsere Irrwege durch die Gässchen.
Die Kinder dürfen den Weg wählen, eine Weile lang lustig, nach drei Runden im Kreis darf ich dann aber doch die Navigation per Handy übernehmen. Wir schlendern über die Rialtobrücke in Richtung Markusplatz und der Panda findet tatsächlich die Eisdiele unseres letzten Venedig Besuchs wieder. Bei SuSo gönnen wir uns trotz Kälte und Nässe ein leckeres Eis. Wir bestaunen den Weihnachtsbaum vor dem Dogenpalast und machen uns dann auf die Suche nach einem Kaffee, in dem man die typisch dickflüssige heiße Schokolade trinken kann. Wir werden fündig – sogar mit Sahne! „Una cioccolata calda con panna, per favore“ ein bisschen was lernen die Kinder dann doch.
Venedig ist auch im Winter einen Besuch wert, die geschmückten Gässchen, die beleuchteten Schaufenster. Das Wetter ist egal, es ist immer schön, sich in der Stadt zu verlieren.
Zurück am Parkplatz füllen wir den Frischwassertank auf. Wir kapieren unseren besonders klein faltbaren Wasserschlauch nicht so ganz, Philip möchte das Wasser durch einen Filter laufen lassen, alles dauert lange und allmählich friere ich. Schon seit wir losgefahren sind, habe ich eine Blasenentzündung, die mal schlimmer und mal besser wird. Zuletzt war sie in Lindau echt schmerzhaft, ist in der Schweiz etwas besser geworden, nach Venedig habe ich richtig Bauchschmerzen und mache mir doch ein wenig Sorgen. Ich nehme das Antibiotikum, welches ich vorsichtshalber schon aus Deutschland mitgenommen hatte. Es hilft nicht.
Wir fahren am Abend noch bis Triest und finden etwas außerhalb einen einsamen, aber windigen Parkplatz. Ich schlafe vor Bauchweh schlecht, dementsprechend ist die Stimmung am nächsten Tag. Es regnet und ist kalt, keiner hat so richtig Lust etwas zu machen – außer vielleicht Heimfahren? Noch wäre das sehr einfach möglich.
Philip ist motiviert am Womo rumzubasteln und möchte zum Baumarkt fahren. Auf dem Weg dahin kippt die Stimmung dann so richtig. Philip biegt falsch ab und fährt in eine schmale Straße, die auf beiden Seiten von Autos zugeparkt ist. Wir haben Autos hinter uns, ein Auto steht vor uns schräg in einer Einfahrt. Der Fahrer winkt uns zu, wir sollen an ihm vorbeifahren. Geht aber nicht, also, geht schon, aber nur, indem wir ein anders Auto rammen.
Da stehen wir also an einer Ecke der Straße, die anderen Autos fahren mit gestikulierenden Fahrern an uns vorbei und wir rufen die Polizei an. Das Auffinden des Besitzers des angefahrenen Autos dauert fast zwei Stunden. Die Kinder sitzen hinten und arbeiten friedlich, Mathe, Basteln, Schreiben, keinerlei Streit. Vielleicht sollten wir öfter Unfälle bauen, der Schulbildung der Kinder zuliebe?
Am nächsten Tag ist das Wetter wunderschön, unsere Stimmung passt sich sofort an. Triest hatten wir gar nicht auf dem Schirm, doch ich habe gelesen, dass Triest wunderschön sein soll. Also wagen wir uns doch noch mal in die engen Straßen Triests. Wir bestaunen das Castello di San Giusto, fahren dann auf einen Parkplatz am Hafen, und brauchen ca. 20 Minuten, um aus dem überfüllten Parkplatz wieder herauszukommen. Sehr zur Freude der anderen Autofahrer – wirklich, denn diesmal bin ich ausgestiegen und wir haben kein Auto angefahren!
Wir finden einen Parkplatz am Bahnhof. Auf einem entspannten Spaziergang erkunden wir Triests Canal Grande, hier gibt es sogar einen Weihnachtsmarkt! Weiter laufen wir zum Amphitheater der Stadt und zum Arco di Riccardo, dann herunter zum Piazza Unità d’Italia direkt am Meer. Zum Abschluss genießen wir einen Kaffee bei Viezzoli.
Triest hat uns sehr gut gefallen. Gut, dass wir nicht vorbei gefahren sind!
Weiter geht es ein kurzes Stück durch Slowenien und schon sind wir in Kroatien. Wir fahren bis Rijeka und finden oberhalb von Bribir einen schönen Standort in der Nähe einer Aussichtsplattform.
Wir lassen den Tag ruhig angehen, kuscheln morgens lange, starten dann einen echten Roadtrip entlang der Küste. Die Aussicht ist durchgängig wunderschön! Wären da nicht die Kinder, die schon wieder nur streiten, sie versuchen sich während der Fahrt gegenseitig von ihren Sitzen zu schubsen und ja, das geht. Die hintere Sitzbank hat seitlich keinen festen Abschluss, sodass man, mit etwas Kraft in der richtigen Kurve, den Kindersitz seitlich mit samt Kind herunterschubsen kann. Das geschubste Kind heult, das schubsende Kind lacht sich kaputt, wir halten an, schimpfen und befreien das heulende Kind aus dem Gurt, um den Sitz wieder zusammen zu bauen.
Gestern mussten die Kids auf einer einsamen Straße aussteigen und vor dem Womo herlaufen, auf einmal waren sie wieder ein Herz und eine Seele, vereint gegen uns Eltern.
Wir suchen noch nach einer besseren Lösung – eine wäre einfach heimzufahren.
Ich denke darüber nach, warum wir das hier machen und ob es mir gefällt. Da ich selbst keine richtige Antwort weiß, frage ich die Kinder, was ihnen am besten gefällt.
Der Große sagt „das Schlafen“, er meint damit, dass er ins Bett gehen und aufstehen kann, wann er möchte. Die Kleine genießt besonders die viele Mama-Zeit.
Philip findet es schön, dass wir die Gelegenheit haben, als Familie zusammenzuwachsen.
Aber tun wir das? Oder entsteht nur immer mehr Streit? Sehe ich das zu negativ? Wahrscheinlich haben wir uns auf dieser Reise noch nicht eingelebt. Haben noch keinen neuen Rhythmus gefunden. Ich habe zwar so oft keine Lust mehr und mag einfach nur heimfahren, aber ich bin doch auch neugierig, wie unser neues Zusammenwachsen aussehen wird, wenn es denn endlich passiert.