24.-25.04.2025
Endlich ist unser Auto repariert, endlich haben wir unser Transitvisum für Russland! In 3 Tagen, mit maximal 2 Übernachtungen müssen wir nun die ca. 740 km durch das Land bewältigen.
Wir starten von Tiflis nach Stepanzminda, genießen den letzten Tag in Georgien und besichtigen die Gergeti Dreifaltigkeitskirche und das Archangel Kloster, wo wir uns mit einem Weintasting von Georgien verabschieden.
Wir haben viele Tipps anderer Reisender zur Durchquerung Russlands bekommen. Früh an der Grenze sein, vor 7 Uhr, um nicht in den Wachwechsel um 9 Uhr zu geraten. Dokumente besonders ordentlich und in Druckschrift ausfüllen, diese werden sonst nicht akzeptiert. Elektronische Geräte besser nicht ganz sichtbar verstauen, um korrupte Polizisten im Land nicht zu verführen. Handys absichern, andere Reisende mussten an der Grenze ihre Handys entsperren und abgeben, die Grenzbeamten haben sie eine Stunde lang mitgenommen und durchsucht.
Wir versuchen uns an alles zu halten, räumen das Wohnmobil auf, das war eh mal wieder nötig, verstauen im Zuge dessen alle elektronischen Geräte an unauffälligen Orten, auch unsere Handys. Für den Grenzübergang nutzen wir nur die alten Kinder Handys. Außer Spotify und Anton App können die Grenzbeamten hier nur unverfängliche Fotos und Google Übersetzer finden.
06:00 Uhr Unser Wecker klingelt.
06:30 Uhr Wir haben uns alle aus den Betten gewälzt und fahren die paar Meter von unserem Parkplatz zur Grenze, dort kommen wir ganz allein an, keine anderen Autos in Sicht um diese Zeit.
06:45 Uhr Wir haben Georgien verlassen und fahren in das Niemandsland zwischen Georgien und Russland ein. Über eine eher schlechte Straße schlängeln wir uns an dem Fluss Terek entlang, es geht durch dunkle Tunnel und vorbei an unzähligen Autowracks. Was wohl deren Geschichte ist?
Und dann finden wir die anderen Autos und LKWs, die die Grenze nach Russland überqueren wollen. Wir reihen uns in den Stau ein und warten. Allzu lang kann es nicht dauern, die Grenzgebäude Russlands sind bereits in Sichtweite.
11:30 Uhr Von wegen – 5 Stunden später stehen wir endlich an der Schranke vor dem Grenzübergang! Im Stau haben wir zwei Französische Overlanderfamilien kennengelernt. Wir haben alle mit Wartezeit gerechnet, aber nicht mit 5 Stunden!
Von der Schranke gelangen wir relativ zügig zur Passkontrolle. Wir steigen alle aus, geben unsere Pässe ab, Philip fährt das Wohnmobil vor zur Kontrolle, während die anderen drei Pässe noch gecheckt werden.
Philip versucht gerade den drei Grenzbeamten, die unser Auto durchsuchen zu erklären, warum wir Sägespäne und Katzenstreu dabeihaben. Nein wir haben keine Haustiere, die Sägespäne ist für unsere Trockentrenntoilette. Versteht die Gruppe russischer Männer nicht, Philip muss deutlicher werden und stellt pantomimisch da, wie er die Toilette benutzt. Ein kurzer Lacher für alle.
Mein Pass scheint die Beamten vor Probleme zu stellen. Es wird telefoniert, beratschlagt, diskutiert, der Pass von hier nach da getragen. Wir warten geduldig und irgendwann bekomme ich zwei Pässe wieder zurück. Die anderen behalten die Beamten. Das Wohnmobil soll geparkt werden, die Kinder und ich sollen dort warten, Philip muss mit den Grenzbeamten mit gehen.
14:15 Uhr Philip ist noch nicht wieder zurück. Ich habe mit den Kids im Wohnmobil zu Mittag gegessen, wir haben Seilspringen geübt, Fangen gespielt, sogar ein wenig Mathe gemacht, uns mit den beiden französischen Familien ausgetauscht und natürlich haben die Kinder zwischendurch gestritten, was das Zeug hält…
14:45 Uhr Philip ist wieder da, er berichtet von einer Befragung über unsere Familie, Lebensumstände und Arbeitgeber. Besonders interessiert hat den Beamten wie wir die Kinder beschulen und was genau mein ehemaliger Arbeitgeber gemacht hat. Die Website der Firma wird durchforstet und es wird gefragt, ob die Firma eine politische Position zu Russland hat. Der Beamte schreibt eine gute A4 Seite mit während der Befragung.
Jetzt muss ein Formular zur Einfuhr des Wohnmobils ausgefüllt werden. Es ist in schlechtem Englisch geschrieben und wir schwitzen ganz schön, was wir denn nun genau ankreuzen müssen.
15:30 Uhr Endlich haben wir das Formular fertig ausgefüllt, nachdem uns die französische La Choup Family geholfen hat. Sie hatten eine Vorlage von anderen Reisenden bekommen.
15:45 Uhr Die beiden französischen Familien dürfen die Grenze überqueren, wir stehen noch immer auf dem Parkplatz…
16:12 Uhr Philip ist mit dem nächsten Formular zurück. Die Kids werden aus dem Wohnmobil geworfen, damit wir uns konzentrieren können. Sie streiten, inzwischen so heftig, dass sich jeder einmal weh getan hat.
16:25 Uhr Das Formular ist ausgefüllt – nachdem auch Philip und ich in dem Stress in Streit geraten sind.
16:45 Uhr Jetzt stehen wir mit ca. 10 LKWs in der Schlange vor dem Röntgengerät. Unser Wohnmobil soll durchleuchtet werden.
17:04 Uhr Die LKW-Fahrer um uns herum streiten sich um die Reihenfolge, wer als nächstes in das Röntgengerät einfahren darf. Einer von ihnen verliert die Nerven, startet seinen LKW, braust mit Vollgas aus der Schlange und kracht mit Geschepper in einen vorbeifahrenden LKW. Wir lassen die LKWs lieber vorfahren, denen ist es vielleicht egal, ob der LKW noch eine Stoßstange hat oder nicht, aber wir brauchen unser Wohnmobil heile!
17:24 Uhr Ein russischer 4 Sterne Offizier tritt an unser Fenster, nach einem kurzen Gespräch über Fußball im Allgemeinen und den FC Bayern im Besondern bekommen wir 2 Flaschen Wasser geschenkt. Wie nett.
17:50 Uhr Wenn ich wieder nach Hause komme, werde ich Nonne. Oder LKW-Fahrerin in einem schicken neuen LKW auf deutschen Autobahnen, ohne Grenzüberquerungen. Oder ich mache ein Nonnenkloster auf, dessen Nonnen LKW fahren. Namensvorschläge: KWK Kraftwagen Kloster, Trucker Monastery oder Nonnen auf Achse. So langsam drehen wir durch.
18:00 Uhr Noch 3 LKWs vor uns.
18:17 Uhr Noch 2 LKWs vor uns.
18:21 Uhr Noch 1 LKW – Als nächstes sind wir dran!
18:25 Uhr Rein ins Röntgengerät.
18:37 Uhr Raus aus dem Röntgengerät.
18:57 Uhr Ich glaube wir haben alle Zettel, Kontrollen und Stempel gesammelt!
19:02 Uhr Nach 13 Stunden sind wir in Russland! Halleluja!
Eigentlich wollten wir heute ca. 5 bis 6 Stunden Autofahrt hinter uns bringen. Wir schaffen ca. 3 Stunden. Eine davon irren wir durch irgendeine russische Stadt in der Nähe der Grenze und stellen fest, dass es keinerlei GPS-Signal gibt und wir keine Ahnung haben, wo wir sind. An einer Tankstelle schaffen wir es uns zu orientieren und finden wieder auf den richtigen Weg. Gegen 23 Uhr halten wir völlig erschöpft auf einer Autobahnraststätte an und fallen in die Betten.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf. Über gute Autobahnen geht es durch Tschetschenien und Dagestan. An den Checkpoints muss Philip aussteigen und zur Passkontrolle. Die Polizisten und Soldaten sind entspannt und freundlich. Ein kurzer Blick ins Wohnmobil, eintreten oder gar Schränke öffnen möchte niemand. Wer kann, packt seine drei Wörter Deutsch aus.
Besonders Tschetschenien wirkt sehr aufgeräumt, gute Straßen, große, neue Häuser, weite Felder. In Dagestan überwiegt die Viehzucht. Wir sehen Rinder und Ziegenherden.
Dann verwandelt sich die Landschaft in Steppe.
Am Abend kommen wir an einen Fluss, wir überqueren ihn über eine schwimmende Brücke. Zugelassen für maximal 4 Tonnen, LKWs müssen eine Fähre nehmen. Glücklicherweise wiegt uns niemand, unsere Wassertanks sind voll, da könnten wir hart an der Grenze zu den 4 Tonnen sein. Die Brücke klappert und rumpelt, doch wir kommen wohlbehalten auf der anderen Seite an.
Bis zur kasachischen Grenze ist es nun nicht mehr weit, also beschließen wir den Restlichen Weg jetzt auch noch hinter uns zu bringen.
21:17 Uhr nach einem letzten Polizei Checkpoint kommen wir an der Grenze an. Es ist wenig los und wir kommen schnell zur Passkontrolle.
22:27 Uhr Mein Pass macht schon wieder Probleme. Das Auto ist bereits gecheckt, alle anderen Pässe sind in Ordnung, aber meiner bereitet der Beamtin Kopfzerbrechen. Stöhnend telefoniert sie vergeblich nach einem Vorgesetzten.
23:08 Uhr Wir bekommen jeder ein Formular zu unserer politischen Ausrichtung bezüglich Russlands, wir müssen es nicht nur ausfüllen, sondern auch noch vor laufender Kamera vorlesen! Langsam ist uns das alles doch suspekt und wir hoffen, dass wir endlich nach Kasachstan fahren können.
23:15 Uhr Die Schranke wird für uns geöffnet, nach einem letzten Check dürfen wir fahren!
Die Kasachische Grenze können wir dann schnell und unkompliziert passieren. Um 01:30 hat Philip sogar noch die Autoversicherung besorgt. Der Rest der Familie ist bereits eingeschlafen und so verbringen wir die Nacht, völlig erschöpft, direkt auf dem Parkplatz der Grenze.
Wir haben es geschafft, das Abenteuer Russland! Ehrlichgesagt hatten wir ganz schön Respekt vor diesem Abschnitt der Reise. Im Nachhinein hätten wir sogar Lust bekommen, das Land länger anzuschauen. Doch nachdem sich auch die Ausreise ungut angefühlt hat, sind wir einfach froh, dass alles gut gegangen ist.